Warum Yoga
unterrichten so viel mehr für mich ist
oder: eine
Hommage an das Unterrichten
Vor meiner
Zeit des Unterrichtens, also als ich das Lehrerdasein nur aus der Schülerbrille
kannte, hätte ich nie und nimmer geglaubt, dass mich das Yoga Unterrichten so erfüllen
könnte. Dass es so viel mehr ist als Haltungen ansagen, dass es Teil meiner eigenen
Yogapraxis werden würde.
Aber mal von
Anfang an: während meiner Yogalehrer Ausbildung war ich ehrlich gesagt gar
nicht so sicher, ob ich wirklich mal Unterrichten möchte. Es war eher mein
Wissensdurst nach allem was mit der großen Yogawelt zutun hat, als der Wunsch
die Rolle des Lehrers einzunehmen. Schließlich habe ich in der Schule und später
in der Uni Vorträge schon eher gemieden und musste bei Vergabe der
Referentenrolle meistens schnell aufs Klo. Nee, das vor-Menschen-sprechen war
nie so richtig meins. Die Ausbildung sollte einfach dazu dienen, tiefer in die
Philosophie einzutauchen, ich wollte anatomisch genau wissen, was da in meinem
Körper passiert. Das alles habe ich gelernt und mit genau dieser Freude und
diesem Wissensdurst bilde ich mich auch gerne weiter und freue mich unfassbar auf
alle Ausbildungen und Fortbildungen, die noch folgen.
Aber was ich
noch mitgenommen habe aus meiner Ausbildungszeit war etwas für mich ganz Großes
und Wertvolles. Nämlich die Erkenntnis, dass mir das Unterrichten doch irgendwie
liegt. Dass es mir leicht fällt, das, was ich so sehr liebe, an andere weiterzugeben
(okay, was man von einer wirtschaftlichen Analyse in meinem BWL Studium jetzt
nicht so behaupten konnte), dass es sich sogar ganz großartig und irgendwie völlig
selbstverständlich anfühlt. Das war die eine
Erkenntnis. Ich fühle mich einfach gut da vorne. Die zweite Erkenntnis war dann, dass die Leute mich irgendwie mochten
und ich positives Feedback bekam. Das freute mich ungemein, waren es doch
hauptsächlich meine eigenen kleinen Erfahrungen, gemischt mit dem neu erlerntem
Wissen, das ich da versuchte in Worte zu fassen. Jedenfalls, im Laufe des
Unterrichtens und nachdem die Aufregung sich ein wenig legte, kam da noch etwas
anderes zum Vorschein. Es ist, als baue sich eine Energie im Raum auf, die ich durch
jede Pore in meinen Körper aufnehmen kann. Und mit jeder Minute lade ich mich
mehr auf, ich werde irgendwie leichter und die Worte fließen ganz automatisch
aus meinem Mund. Manchmal baue ich spontan Asanas ein, die zwar nicht geplant
waren, sich in dem Moment aber absolut richtig anfühlen (und im Nachhinein auch
als solches rausstellen) und ja, ich genieße. Das ist wohl das richtige Wort. Genieße
diesen Moment, diese Verbundenheit zu der Gruppe, irgendwie verschmilzt alles
zu einem großen Ganzen. Für mich herrschte schon immer irgendwie eine Art
Zauberatmosphäre während einer Yogastunde und die genieße ich noch immer sehr
in der Schülerrolle, aber das ist irgendwie anders. Da bin ich ganz bei mir, da
zelebriere ich meine kleine Welt auf der Matte. Aber wenn ich unterrichte, dann
bin ich wie der stille Beobachter dieses bunten, glitzernden, fabelhaften Treibens
und nehme alles ganz bewusst auf.
Und dann, wenn
alle bei Kerzenschein in Savasana liegen, mit diesem friedvollen Ausdruck im
Gesicht, dann schnappe ich mir zur Krönung noch die zuckersüße Kirsche auf der
Torte. Ich sitze inmitten dieser königlichen Atmosphäre und atme ganz tief ein
und aus. Atme diese Energie, die jetzt wie ein Nebel langsam nach oben
aufsteigt und den Raum komplett einnimmt, tief in mich ein. Lade meine kleine innere
Energiekammer mit jedem Atemzug mehr auf und manchmal wird sie so voll, dass
ich das Gefühl habe, hüpfend und singend nachhause laufen zu müssen. Oder zu
sprinten. Mehrmals. Wahnsinn.
Und dann weiß
ich jedes Mal ganz genau: ja, das möchte ich weiter machen. Danke an alle, die in meinen Unterricht kommen.
Pflege das Leben, wo du es triffst.
Hildegard von Bingen